Potenzial und Unsicherheiten von Big Data für die Klimaforschung

Autoren
Benedikt Knüsel und Marius Zumwald
ETH Zürich

Gespräch mit Verantwortlichen des NPF75-Projekts «Kann die Kombination von Theorie mit Big Data Unwetterfolgen besser voraussagen?».

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Projekt, und was haben Sie bereits realisiert?

Unser Projekt geht der Frage nach, wie sich die Wissenschaft dank Big Data verändert. Genauer gesagt wollen wir das Potenzial und die Grenzen von Big Data für die Klima- und Klimafolgenforschung verstehen. Hierfür analysieren wir Fallstudien und Probleme aus den Klimawissenschaften und der Klimafolgenforschung mit einem speziellen Fokus auf die Unsicherheiten. Dementsprechend bewegt sich unser Projekt an der Schnittstelle zwischen Wissenschaftsphilosophie, Klimawissenschaft und Klimafolgenforschung. Big Data bezeichnet, vereinfacht gesagt, die Kombination aus neuartigen Daten, z.B. aus privaten Wetterstationen oder aus der Verwendung von Smartphones, und daten-getriebenen Modellierungsmethoden, z.B. maschinellem Lernen. Im Gegensatz zu klassischeren wissenschaftlichen Daten und Modellierungsmethoden sind Big-Data-Ansätze viel weniger transparent. In unserem Projekt entwickeln und definieren wir Strategien, um das Potenzial von Big Data nutzbar zu machen. Uns interessiert insbesondere, wie man die Stärken klassischer theoriegeleiteter wissenschaftlicher Anwendungen und die Stärken von Big Data kombinieren kann, um das Klimasystem und Unwetterfolgen besser zu verstehen und vorauszusagen.

Unter anderem hat unser Team eine Publikation eingereicht, die Bedingungen vorschlägt, unter denen Probleme in der Klimaforschung mittels Big Data gelöst werden können. Zurzeit arbeiten wir zusätzlich an einem Framework, das ein besseres Verständnis der Unsicherheit von Datensätzen liefern wird. Z.B. klassifizieren wir Unsicherheiten, die mit der Messung oder der Datensammlung verbunden sind, und entwickeln Strategien, um mit diesen Unsicherheiten umzugehen. Ausserdem sammeln und analysieren wir Daten für verschiedene Fallstudien, die uns helfen, die Unsicherheiten von Big Data besser zu verstehen.

Worauf sind Sie und Ihr Team besonders stolz?

Wir sind stolz auf die erfolgreich funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit. Unser Team besteht aus Wissenschaftsphilosophinnen, Klimawissenschaftlern und Klimafolgenforschern. Wir arbeiten entsprechend sowohl mit Methoden aus der Wissenschaftsphilosophie, z.B. der Klärung der relevanten Begriffe und Argumentationsanalysen, als auch mit Methoden der Klimaforschung, namentlich mit statistischer und prozessbasierter Modellierung. Diese Zusammenarbeit soll garantieren, dass die philosophischen Überlegungen sich an tatsächlichen wissenschaftlichen Problemen orientieren, sodass durch die Zusammenarbeit Wissenschaftler aller beteiligten Disziplinen profitieren.

Welche Veränderungen bewirkt Ihr Projekt?

Unsere Forschung soll eine grundlegende Orientierung bieten bezüglich des Nutzens neuartiger Daten und Modellierungsmethoden für wissenschaftliche Zwecke. Obschon wir unsere Überlegungen anhand von Problemen aus der Klima- und Klimafolgenforschung erarbeiten, haben wir den Anspruch, dass unsere Resultate auch darüber hinaus relevant sind. Wir wollen aufzeigen, wie man besser mit den Unsicherheiten im Zusammenhang mit Big Data umgehen kann. Um die Übertragbarkeit unserer Erkenntnisse auf andere Fachgebiete zu reflektieren, werden wir einen Workshop für die Teams des NFP 75 organisieren, der dieser Frage auf den Grund gehen wird.

Was bedeutet das NFP 75 für Sie?

Das NFP 75 ermöglicht uns die Freiheit, uns unvoreingenommen und neugierig mit den Möglichkeiten, Grenzen und Auswirkungen von Big Data im Spezifischen und der Digitalisierung im Allgemeinen auseinanderzusetzen. Diese Themen sind genauso relevant für die Wissenschaft wie für die Gesellschaft.

Was würde fehlen, wenn es Ihr Projekt nicht gäbe?

Ohne unser Projekt würde im NFP 75 die wissenschaftsphilosophische Betrachtung von Big Data und der damit einhergehenden Unsicherheiten weitgehend fehlen. Dies ist bisher noch wenig erforscht. Die Zeit und das Know-how für solche Überlegungen würden im Rahmen eines spezifischen angewandten Forschungsprojekts wohl fehlen. Wir schlagen mit unserer Forschung eine Brücke zwischen abstrakten Fragestellungen aus der Wissenschaftsphilosophie und konkreten Problemen, die aus den Disziplinen der Klima- und Klimafolgenforschung hervorgehen. Entsprechend sehen wir unser Projekt auch als einmalige Gelegenheit, um neuartige Wege in der interdisziplinären Zusammenarbeit zu begehen und auszutesten.

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